Historie

Das Hohe Fichtelgebirge und das Glaseine uralte Ehe

Fast könnte man behaupten, die Geschichte des Glases sei eine Geschichte der Menschheit, denn bereits vor viertausend Jahren beherrschten die alten Ägypter die Kunst der Glasherstellung. Wie im Fichtelgebirge war es auch am Nil zuerst die Technik der Glasperlenfabrikation, die die Menschen beherrschten. Etwa um das Jahr 1000 vor Christi konnte man in Ägypten bereits Gefäße aus Glas formen.

In unseren Breitengraden waren es zu Beginn des Mittelalters die Klöster, die die Kunst des Glasherstellens beherrschten. Das technische Know How hierfür holten sich die Mönche aus griechischen und römischen Aufzeichnungen.
Als sich schließlich die bürgerliche Kultur und das Handwerk etablieren, verließ die Kunst der Glasherstellung die engen Klostermauern. Dies war die Zeit, als man im Fichtelgebirge begann, Glas herzustellen.
Wann die ersten Schmelzöfen im Fichtelgebirge glühten, ist nicht nachgewiesen. Als Fakt kann jedoch die Aussage gelten, dass es zunächst der Standortfaktor Rohstoff war, der die Ausgangssituation der Glasherstellung und -bearbeitung herbeiführte.
Die eine Rohstoffquelle war der Wald. Die Herstellung von Glas verschlang gewaltige Mengen an Holz als Energieträger. Der Hauptgrundstoff für die frühe Glasherstellung war der Proterobas. Quer durch den Ochsenkopf streicht ein Gang mit diesem Gestein, dessen Abbauspuren sich noch heute als eine Kette von Gruben über den Berg ziehen. Dieser Stein konnte ohne weitere Zuschläge zu einer schwarzen, glasigen Masse verschmolzen werden, was in den Knopfhütten von Bischofsgrün, Warmensteinach und Fichtelberg seit dem Mittelalter geschah. Der dritte, für die Glasherstellung in den Hütten notwendige Rohstoff, der Quarz, wurde ebenfalls im Bereich des Ochsenkopfes gefunden.
Anziehungspunkt für Glasmacher und die Ansiedlung von Hüttenmeistern waren die dichten Wälder des Hohen Fichtelgebirges. Ein erstes Zentrum bildete die Rodungsinsel Bischofsgrün mit den Proterobas-Lagen am Ochsenkopf. Aus dem leicht schmelzenden Gestein „tropften“ die ersten Glasknöpfe: der „schwarze Knopf“ begründete die reiche Produktion von Knöpfen und Perlen vor etwa 600 Jahren.
Die drei großen Glasfamilien Glaser, Greiner und Wander schufen in Bischofsgrün ein Netzwerk der Glasproduktion. Die schwäbischen Greiner, seit dem Ende des 16. Jahrhunderts in Bischofsgrün ansässig, zogen weiter nach Thüringen, entwickelten dort eine hochwertige Produktion von Weihnachtsschmuck aus Glas. Die künstlerisch begabte Familie Wander (später Wanderer), aus Böhmen zugewandert nach Bischofsgrün, wurde berühmt durch ihre Hohlglas- und Email-Arbeiten, und die ebenfalls aus Böhmen stammende Familie Glaser, seit dem 15.Jahrhundert in Bischofsgrün angesiedelt, fand sich später in Fichtelberg und Warmensteinach.

Die Glaskunst der heimatvertriebenen Sudetendeutschen brachte nach dem Zweiten Weltkrieg eine besondere Blüte des Handwerks hervor: die Gürtler aus Böhmen, seit alter Zeit im Kopieren von Juwelen und Schmuck in Diensten des Adels geübt, fertigten ihre filigranen Kostbarkeiten in Warmensteinach. Sie erfanden Werkzeug und Materialien neu bis ins späte 20. Jahrhundert.Verschwunden ist heute die Perlenproduktion; dafür entstand die Herstellung massiver Glaskugeln für Rühr- und Mahltechnik in der Weltfirma SiLi. Vom winzigen Kügelchen in der Nagellackflasche bis zum hoch belastbaren Kugellager wird der Werkstoff Glas zum technischen Gebrauch in über fünfzig Länder verschickt - ein unverwüstliches Material, dessen Zukunft noch nicht einmal angebrochen ist.Nur ein einziger Glasgraveurmeister ist im Fichtelgebirge übrig geblieben: Alfons Klingel in Fichtelberg-Neubau. Seine Werkstatt ist die letzte, die feinste Schleif- und Gravurarbeiten in Glas ausführt. Seine Arbeiten setzen das künstlerische Handwerk bis heute fort. Der Glaswanderweg und die Glasmuseen versuchen Sie auf die Spur der Glasmacher zu bringen. Dabei erhalten Sie eine Reihe von interessanten Informationen über das Fichtelgebirge, die Glasmacher, die Lebensart und die Geschichte der Menschen, der Glasindustrie und der reizvollen Landschaft des sagenhaften Fichtelgebirges.



Das Projekt wird gefördert durch das Bayerische Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten
und den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER).
2015 Glas im Fichtelgebirge